Theresa Schweden „Im schwarzweiß karierten Raum“

„Im schwarzweiß karierten Raum“ von Theresa Schweden wurde bei den Donnersberger Literaturtagen 2007 mit dem 2. Preis ausgezeichnet. Hier ein Auszug aus dem Text:

Die Geschichte fängt damit an, dass wir in diesem Raum saßen, also er und ich. In diesem leeren Raum, der eigentlich gar nicht so leer aussah, wie er war. Ja, schon, der Raum war verrückt. Es war auch weder Tag noch Nacht in diesem Raum Ich weiß nicht mal, ob es überhaupt irgendwas war. Er war schwarzweiß gekachelt, überall, die Wände, der Boden, die Decke, alles gekachelt, und er war weder besonders groß noch besonders klein.

Und selbst waren wir irgendwie merkwürdig ohne Farbe und ich fragte mich auf einmal, wo wohl die Farbe geblieben sei. Und Luft war da irgendwie auch keine. Zumindest glaubte ich, dass da keine war.

Diese schwarzweißen Fliesen, die gar nicht richtig kalt waren, wenn man drauf saß, machten einen ganz wirr im Kopf. Und sie ließen einen auch richtig merken, dass sie den andern wirr im Kopf mach-ten. Zumindest habe ich es bei ihm gemerkt. Wir hatten den Raum auch nie betreten, wir waren einfach drinnen und saßen dann da. Und der Raum machte uns irgendwie so richtig bewusst, dass da nur wir beide waren und das eben schon eine ganze Zeit lang. Und wir dachten beide, dass da jetzt gleich mal was passieren müsste. Das merkwürdige Gefühl war so stark, dass ich dann einfach aufgestanden bin und zu ihm hingegangen. Ich glaube, er wollte auch aufstehen, aber er sah so schrecklich müde aus. Das war mir vorher noch nie so aufgefallen. Diese erschöpften Gesichtszüge. Und jetzt und hier waren sie so deutlich, als ob sie mir in den Kopf gesprungen wären.

Und sein Blick war so glasig und ich dachte nur, er sollte sich mal ein bisschen ausruhen. Weil es auch so schmerzhaft aussah, wie er da die ganze Zeit saß. Ich hab gedacht, dass das doch weh-tun muss und da hab ich versucht, ihn dazu zu bringen, dass er sich hinlegt. Zuerst zeigte er gar keine richtige Reaktion, als ob er ohnmächtig wäre, aber dann hat er doch genickt und es ging viel leichter und ich hab ihn auf den merkwürdig gekachelten Boden gedrückt. Und dann hab ich ihn gefragt, ob ich nicht ein bisschen bei ihm bleiben soll und es klang ganz komisch, so versetzt, als ob der Raum den Satz nicht so haben wollte. Aber dann kam er doch und er hallte irrsinnig, obwohl der Raum nicht besonders groß war. Aber eben auch nicht besonders klein und er sagte „Nein.“ Und klammerte sich an meinem Arm fest.

Und dann saßen wir nebeneinander. Also ich saß und er lag neben mir. Eine ganze Zeit lang, und das Gefühl, dass man da was machen muss, war ein bisschen weg. Obwohl wir nicht sehr viel sag-ten. Aber angesehen haben wir uns viel und in seinen Augen waren komische schwarzweiße Kacheln. Und ich dachte die ganze Zeit, das muss doch schlimm sein, Kacheln in den Augen zu haben. Aber dann wurden die Kacheln …

Wie es weitergeht, können Sie in unserer Anthologie „ZimmerLautStärke“ nachlesen …