DLT2007: Programm und Autoren

Das Programm der Donnersberger Literaturtage 2007 – Sie können sich folgende Dateien als PDF herunterladen:

Das Programm der DLT 2007

Bürgermeister Karl-Heinz Seebald eröffnete die Veranstaltung. Er hob die Bedeutung hervor, auf Jugendliche einzugehen und sich zu bemühen, ihre Sprache zu verstehen, wobei diese schnelllebig sei und sich häufig genug in Kürzeln ausdrücke. Die DLT böten eine Chance zum sprachlichen Ausdruck, wie sie auch das Zuhören förderten. Dr. Sigfrid Gauch vom Ministerium für Wirtschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur gab in Anlehnung an den Namen unserer Autorengruppe „Mo(n)t Tonnerre“ der Hoffnung Ausdruck, daß der Donnersberg an historische Ereignisse anknüpfen möge und durch die DLT erneut zu einer Keimzelle und Ausgangspunkt – hier für übergreifende literarische Strukturen – werden könnte. Barbara Franke, die Vorsitzende des Literarischen Vereins der Pfalz (LVP) warf die Frage auf, was viele große Autoren ohne ihre Verankerung in der Provinz gewesen wären und ermunterte sodann zum „literarischen Schaffen“ abseits der Metropolen.

Sodann lasen die Schüler: Nadine Didier (Kirchheimbolanden), Ann-Kathrin Kloß (Mannweiler-Cölln), Silke Hecker (?), Elisabeth Löser (Ebertsheim), Tina Koplin (Wartenberg-Rohrbach), Lukas Schildknecht (Kerzenheim), Anke Nunheim (Winnweiler), Eva Bungert (Kriegsfeld), Laura Dexheimer (Oberwiesen), Greta Lösel (Eisenberg) und Anna Schäfer (Internat Weierhof).

Inhaltlich machten viele Beiträge sehr betroffen, ging es doch um Suizid, Mißbrauch, Drogenerlebnisse, Einsamkeit, Langeweile in der Provinz bis hin zur Sehnsucht, durch Mord mit einem Idol zu verschmelzen. Unabhängig vom literarischen Gewicht, unterstreicht dies die Bedeutung, Schülern noch mehr Gehör zu schenken.

Den Preis für die beste Kurzgeschichte erhielt Janine Frey aus Kirchheimbolanden (NPG) für ihren Beitrag „Begegnung in der Hotelhalle“. Den 2. Platz nahm Theresa Schweden (WEG) aus Höringen ein mit ihrer Geschichte „Im schwarzweiß karierten Raum“; der 3. Preis ging an Patricia Heisinger (NPG) aus Eisenberg für ihre Erzählung „Das Zimmer des Bruders“.

Die Autoren + Lesungen 2007

Im Abendprogramm war die prominente Autorin Kathrin Schmidt aus Ostberlin zu hören. Für ihre Werke erhielt sie hoch dekorierte Literaturpreise, darunter den Leonce-und-Lena-Preis sowie den Preis des Landes Kärnten beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. Sie las aus ihrem Roman „Königs Kinder“, einem Werk mit auch autobiographischen Zügen. In der anschließenden Diskussion zeigte sie sich sehr offenherzig und ließ Zusammenhänge ihrer Literatur zu ihrer eigenen Geschichte sichtbar werden.

Ein besonderer literarischer Leckerbissen war es, Gudrun Pausewang zu erleben; die „deutsche Astrid Lindgren“. Von kleiner Statur, zog sie doch sofort alle in ihren Bann. Die 79jährige rüstige Dame, die 1998 sogar noch an der Universität in Frankfurt am Main promovierte, hielt ihre ganze Lesung im Stehen ab. Ihre Geschichte „Der Besuch aus Amerika“ unterstrich ihr Anliegen, gegen das Verdrängen unserer Geschichte anzugehen. Ihr besonderer Humor, der das Publikum immer wieder zum Lachen reizte, wurde dann in weiteren „aufmüpfigen“ Geschichten deutlich, die Mut machen zum Kreativ- und Anderssein.

Zeitlich wie symbolisch schlugen drei Autorinnen der Gruppe Mo(n)t Tonnerre eine Brücke zwischen den Schülern und diesen renommierten Autoren und präsentierten dabei eine große Bandbreite literarischen Schaffens aus dem Donnersbergkreis: Verpflichtet auf das Thema des Kultursommers 2007 „Rebellen, Reformer, Revolutionäre“ spürte Monika Böss (Mörsfeld) in ihrer Erzählung „Als wir träumten“ der Rolle der Mathilde Hitzfeld während des Freischärler-Aufstandes in Kirchheimbolanden nach. Minnie Maria Rembe ging auf die „Rebellion im Alltag“ ein, in der sie als Autorin gegen Sprachlosigkeit, Erstarrung und Oberflächlichkeit aufsteht. Vor allem ihre Gedichte im Nordpfälzer Dialekt wußten zu gefallen. Mit Olympia Weber schließlich wurde es im Rahmen einer Krimilesung „gefährlich“.

Im bis zum letzten Platz besetzten Turmuhrenmuseum in Rockenhausen mit seiner besonderen Atmosphäre wartete als Begleitveranstaltung ein spontaner Poetry Slam auf, der zur Teilnahme für jeden frei zugängig war. Den Preis von 50 € gewann Norbert Fichter aus Nußbach. Besonders erfreulich war die Teilnahme der 14jährigen Schülerin Maria Cullmann der Regionalen Schule Winnweiler, die u.a. eine Ballade von Nils Randers zur Prosa umgeschrieben hatte.

Redebeiträge bei der Veranstaltung

Rede Barbara Franke (Vorsitzende des LVP) am 28.04.2007

Barbara Franke (Vorsitzende des LVP): Rede zu den DLT 28.4.07

Meine Damen und Herren, liebe Literaturfreunde

Folgt man Mark Twain, so hat eine gute Rede einen guten Anfang und ein gutes Ende – und beide sollten möglichst dicht beieinander liegen.

Ich will versuchen, diesem Grundsatz Rechnung zu tragen. Als Vorsitzende des LVP kann ich mir nichts Besseres wünschen als engagierte Literaten vor Ort, die bestrebt sind, Menschen fürs Lesen und Schreiben zu begeistern, Schreibende und Lesende zusammen zu bringen. Hat sich der LVP doch zum Ziel gesetzt, das literarische Schaffen in der Region zu fördern.

Regionale Literatur sollte dabei keine interne Angelegenheit mit Beweihräucherung sein, sondern sollte einen Beitrag liefern zur dt. Gegenwartsliteratur, die aus lauter regionalen Literaturen besteht – auch wenn der Weg zum Ruhm nur über Berlin zu führen scheint.

Bei aller Wertschätzung für die großen Metropolen, in denen die Gegensätze markanter sind, der Rhythmus schneller ist, die Anregungsdichte größer, die Publikationsbedingungen besser sind, darf man nicht vergessen, daß im Zeitalter medialer Vernetzung die Unterschiede zwischen Urbanem und Provinziellem zunehmend verschwinden, so daß jeder an jedem teilhaben kann. Zudem orientiert sich auch die Großstadtliteratur der Überschaubarkeit wegen am erfahrbaren Raum, dem Kiez.

So gibt es meines Erachtens nur gute und schlechte Literatur und ist unabhängig vom Ort, wo sie entsteht, zumal die großen Themen, die die Menschen bewegen, ohnehin eher den Blick nach innen erfordern.

Man könnte sogar vermuten, daß schärfer konturierte Typen in den Büchern von Provinzautoren zu finden sind, da sie nicht abgeschliffen werden durch eine einheitliche Szenekultur.

Am Rande bemerkt, was wären die großen Dichter ohne ihre Verankerung in der Provinz? Theodor Storm ein Leben lang der Husumerei verpflichtet ohne Schleswig-Holstein, Martin Walser ohne die Bodenseeregion, Johann Wolfgang von Goethe ohne die Sicherheit der Gartenlaube in Weimar?

Also setzen wir auf die Provinz, auf ihr kreatives Potential, setzen wir auf die Autorengruppe Mont Tonnerre, die der Donnersbergregion ein neues literarisches Gesicht verleiht und die gleichzeitig mit dem Verschwinden des „n“ in Mont das „Mot tonnerre“ anklingen läßt, das Donnerwort, das die literarische Diaspora in einer strukturschwachen Region aufrütteln soll.

Zumindest sind frische, neue Worte zu erwarten, da sich die ersten DLT zum Ziel gesetzt haben, junge Schreiber und Schreiberinnen zu motivieren, zum Stift zu greifen, ihre Gedanken zu Papier zu bringen. Eine schöne Idee, die dazu geeignet ist, die Zugangsbedingungen zur Literatur zu erleichtern, Schreibanfänger, regionale Autoren und berühmte Schriftsteller miteinander ins Gespräch zu bringen.

Auch wenn sich noch nicht alle Schulen, die angesprochen wurden, mit ihren Schülern an Schreibwerkstätten beteiligt haben, hat die Autorengruppe um Monika Böss und Dr. Thomas Mayr mit ihrem Projekt einen vielversprechenden Anfang gemacht.

Ich werde jedenfalls Augen und Ohren offen halten. Vielleicht entdecken wir in den zwei Tagen Talente, die das jährliche Autorentreffen, zu dem der LVP einlädt, bereichern können. Vielleicht finden wir auch den ein oder anderen Text, der sich lohnt in unserer Zeitschrift „Neue literarische Pfalz“, die 2x im Jahr erscheint und ein Forum bietet für Literaturfreunde, abgedruckt zu werden.

Ich bin gespannt auf die Textbeiträge und wünsche den DLT ein gutes Gelingen.

Dr. Sigfrid Gauch (Ministerialrat): Rede zu den DLT 28.4.07

Meine Damen und Herren,

dass die Donnersberger Literaturtage von der Autorengruppe „Mo(n)t Tonnerre“ (im Literarischen Verein) initiiert wurden, freut mich besonders, denn dies zeigt, in welch umfassendem Rahmen man hier denkt. Jeder von Ihnen weiß natürlich, dass dieser Name auf die Zeit anspielt, als mit der „Mainzer Republik“ 1793 erstmals ein deutscher Freistaat existierte, der auf bürgerlich-demokratischen Grundsätzen beruhte, auf die Zeit, als der große Georg Forster im Mainzer Deutschhaus, das noch immer das rheinland-pfälzische Parlament beherbergt, im selben Jahr beim Zusammentreten des in der deutschen Geschichte (http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Geschichte) ersten auf demokratischem Wege zustande gekommenen Parlaments dekretierte: „Der ganze Strich Landes von Landau bis Bingen… soll von jetzt an einen freyen, unabhängigen, unzertrennlichen Staat ausmachen, der gemeinschaftlichen, auf Freiheit und Gleichheit gegründeten Gesetzen gehorcht.“ Das Departement Mont-Tonnerre, das bis 1814 in diesem Landesteil existierte, bildet mit seinen Ereignissen den für ganz Deutschland so bedeutsamen historischen demokratischen Rahmen, ohne den weder das Hambacher Fest von 1832 noch die badisch-pfälzische Revolution von 1848/49 denkbar wären.

Und darauf spielt, so hoffe ich, die Autorengruppe Mont Tonnerre an, was heißt: der Donnersberg wird wieder einmal als Keimzelle und Ausgangspunkt für Ereignisse gesehen, die hier und heute ihren Anfang nehmen. In diesem Fall vielleicht: für übergreifende literarische Strukturen.

Dass dies von der Landesregierung besonders begrüßt wird, steht außer Frage, denn nur Initiativen, die von der Basis kommen und die Basis einbeziehen, haben wirklichen Erfolg, und dieser stellt sich bei entsprechender Hartnäckigkeit fast von selbst ein. Ich erinnere nur an das Eifel-Literatur-Festival, das aus einer Einzelinitiative von Josef Zierden entstand und heute einen solchen überregionalen Erfolg hat, dass ihm die Sponsoren tatsächlich die Bude einrennen. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe es von Anfang an begleitet.

Die Donnersberger Literaturtage haben eine andere Ausrichtung, die ich aber auch für zukunftsfähig halte: sie fördern bei Schülerinnen und Schülern das kreative Schreiben, geben ihnen ein Forum für das Vorstellen ihrer Texte und bieten der Öffentlichkeit wie den jungen Kreativen eine Ziel-Vorgabe, indem sie zugleich bekannte Autorinnen zu Lesungen einladen. Sicher werden Sie wissen, wie für den literarischen Nachwuchs aus dem Departement Mont Tonnerre der zweite Schritt aussehen könnte: seit 22 Jahren gibt es den Bundeswettbewerb „Treffen junger Autoren“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, an dem auch das rheinland-pfälzische Kulturministerium beteiligt ist. Mitmachen können Kinder und Jugendliche aller Schularten und Ausbildungswege im Alter von 10 bis 21 Jahren. Aus rund 1.500 Einsendungen aus ganz Deutschland wählt eine Jury bis zu 20 junge Autorinnen und Autoren aus, die jeweils im November zu einem Treffen in Berlin eingeladen werden. Neben Bücherschecks gibt es hier Workshops mit renommierten Jugendbuchautorinnen und -autoren – Mirjam Pressler beispielsweise gehört dazu. Und diese Workshops werden in Rheinland-Pfalz mit Mitteln des Kulturministeriums weitergeführt, als Little Artur im Schreiberspace auch interaktiv, betreut vom Literaturbüro Mainz. Ein Anklicken der Webseite lohnt sich.

Besonders stolz sind die Jury und wir, das Kuratorium des Treffens junger Autoren, auf prominente Schriftsteller, die hier als Schüler angefangen haben und heute großen Erfolg haben – nur 2 Beispiele: von Antje Ravic Strubel, geb. 1974, erschien in diesem Frühjahr bei S. Fischer mit „Kältere Schichten der Luft“ ihr 5. Roman, von dem Rheinland-Pfälzer Marcus Braun, 1971 in Bullay an der Mosel geboren, wird im Herbst bei Suhrkamp sein 4. Roman erscheinen. Dass eines Tages auch eine junge Autorin oder ein junger Autor in ähnlichem Zusammenhang genannt werden, die bei den Donnersberger Literaturtagen als Schüler zu schreiben und zu publizieren begonnen haben, halte ich nicht für unrealistisch.

Schön, dass Sie zu den Literaturtagen einen Preis stiften und ihn nach Susanne Faschon benennen. Schon als Schüler in Kaiserslautern kannte ich die Dichterin und war in Mainz viele Jahre mit ihr und ihrem Mann Johannes Stirn befreundet, ich war bei ihrer letzten großen Lesung und Ehrung am Donnersberg dabei und in Jakobsweiler begleitete ich sie auf ihren letzten Wegen. Der Gedichtband „Korn von den Lippen“ zeigt nach wie vor, welch große Lyrikerin Susanne Faschon ist und wie ehrenvoll, das Gedächtnis an sie durch einen Literaturpreis wachzuhalten.

Das Konzept dieser Literaturtage scheint mir erfolgversprechend und ausbaufähig zu sein, ich wünsche den Veranstaltern, dass sie den hierzu nötigen langen Atem haben und auch die unverzichtbare Frustrationstoleranz, auf dass diese literarischen Tage im Departement Mont Tonnerre Erfolg haben werden, auch in der Zukunft. Wir können sie nämlich in Rheinland-Pfalz wirklich brauchen.