„Das Fenster der Erlösung“ von Ruben Fiebig wurde bei den Donnersberger Literaturtagen 2009 mit dem 3. Platz ausgezeichnet. Hier ein Auszug aus dem Text:
Sechsundzwanzigstes Stockwerk, Raum 233, 9 Uhr 23 Minuten und 3 Sekunden. Ein eiskalter Tropfen Schweiß macht sich auf den Weg von meiner Stirn über meine Schläfe zu meinen Mundwinkeln, um dort von meinem Ärmel aufgehalten zu werden. Mir ist heiß, es ist kaum auszuhalten. Ich warte nun seit 10 Minuten im kleinen stickigen Vorraum meines Chefs. Die Sekretärin bietet mir einen Kaffee an, ich lehne dankend ab.
Er lässt mich warten. Minute um Minute vergeht. Ich quäle mich, denn ich weiß genau, was mich erwartet. Sonst wurde ich gerufen, um meinen Bonus Check abzuholen, doch diese Zeiten sind vorbei.
Es geht um meinen Kopf, im letzten Monat wurden die Anleihengeschäfte meiner Abteilung zum Schwarzen Loch unseres Kapitals. Mir wurde freie Hand gelassen, ich war erhaben über jede Risikoeinstufung. Egal ob riskant oder sehr riskant, ich wusste wie das Risiko zu zähmen war und der Gewinn meiner Abteilung spiegelte dies wider. Vorschriften über gewisse Risikobeschränkungen wurden ignoriert und keiner aus den oberen Etagen kümmerte sich darum, solang eine große schwarze Zahl in der Bilanz stand.
Doch dann kam plötzlich alles anders. Der Markt verhielt sich nicht nach meiner Kalkulation. Ich verlor an einem Tag Hunderttausend und in einer Woche Millionen. Ich fand Tag um Tag keinen Schlaf, ich konnte mich auf nichts mehr anderes konzentrieren als auf die Verluste, die ich eingefahren hatte. Der Abwärtstrend war nicht zu stoppen. Als das Konto rote, zweistellige Millionenbeträge zeigte, meldete sich auch auf einmal mein Chef wieder. Er schrie mich an, ich hätte mich gegen die Vorschriften verhalten und müsse sofort in sein Büro.
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Wie es weitergeht, können Sie in unserer Anthologie „ZimmerLautStärke“ nachlesen …