Susanne Faschon, die 1925 in Kaiserslautern geboren wurde, hat die letzten Jahre ihres Lebens am Donnersberg in Jakobsweiler gelebt. In ihren sinnlichen und gefühlvollen Mundartgedichten, in ihren „Pälzer Sprich zum Sunndag“ in der ‚Sonntag aktuell‘, in zahlreichen Erzählungen und Hörspielen ist sie vielen hier im Kreis unvergessen. Sie war Mitglied im LVP und in dessen Vorstandsbeirat.
Das Donnersberg-Jahrbuch 2006, das über den Donnersberg-Touristik-Verband bezogen werden kann, war Susanne Faschon gewidmet. Wir dürfen hier den Beitrag ihrer Schwester Ingeborg Michno vorstellen:
Susanne Margarete Reuter wurde am 3. Mai 1925, abends um 20.00 Uhr, in Kaiserslautern geboren. Die Tatsache, dass sie ein Sonntagskind war, bietet sich dem Kenner ihrer Biographie so angenehm an, eventuell Schlussfolgerungen zu ziehen für ihren Lebenslauf, z. B. den Galgenhumor, der sie zeitlebens, auch unter widrigsten Umständen, nicht verlassen hat, der sie in ihrem späteren, gereiften Lebensabschnitt, gepaart mit eiserner Selbstdisziplin, Gottvertrauen und Lebensfreude befähigt hat, ihre Kraft weiterzugeben sowohl an ihre beiden letzten Ehemänner (insgesamt hat sie drei überlebt), als auch an alle, die bei ihr Trost suchten. Dies tat sie in persönlichen Gesprächen, ihren Gedichtbänden und Anfang der 1990er-Jahre in der in „Sonntag aktuell“ veröffentlichten „Pälzer Sprisch zum Sunndag“, für die sie eine eigene „Fan-Gemeinde“ hatte.
Ihr erstes kindliches Gedichtchen schrieb sie mit neun Jahren. Sie war ein sehr sensibles, nachdenkliches Kind, wohl bedingt dadurch, dass man ihre Kindheit nicht als glücklich bezeichnen kann.
1944 absolvierte sie ein Einser-Abitur an der „Höheren Weiblichen Bildungsanstalt“ (HWB) in Kaiserslautern, wobei sie den Scheffel-Preis für besondere sprachliche Leistungen erhielt.
Susanne hätte gern Lehrerin werden wollen, heiratet jedoch 1947 den Grabsteinbildhauer Rudolf Faschon. 1948 wird ihre Tochter Viola geboren, von der sie später zwei Enkeltöchter haben wird. Schlechte wirtschaftliche Verhältnisse bringen es mit sich, dass sie größtenteils die Familie ernähren muss als Stenotypistin in Ramstein. Zum Dichten bleiben nur die Nachtstunden an einer freigeschaufelten Ecke des Küchentisches.
1953 erscheint ihr erstes Gedichtbändchen „Das Blumenjahr.“ 1956 erhält sie den ersten Preis im Bockenheimer Mundartwettbewerb, zu dessen Jury sie von 1960 bis 1995 gehörte. Seit 1958 ist sie Ortsringleiterin des wiedergegründeten Literarischen Vereins (im Dritten Reich „gleichgeschaltet“) und „beackerte den steinigen Boden des musischen Kaiserslautern“ (Zitat S. F. 1978). „Wir – die Dichter – trafen uns in privaten Runden in meinem viel zu kleinen Wohnzimmer in der Ebertstraße, aber schön war es auch und die Kaffeetassen reichten nie und wir lasen uns gegenseitig vor und erhitzten uns manchmal gewaltig“ (aus einem Brief an Marliese Fuhrmann 1994).
1959 erscheint „Kein Spiel für Träumer“ als Jahresgabe des Literarischen Vereins der Pfalz. Zu den darin enthaltenen Gedichten „Schachvariation“ und „Der lange Tag“ schrieb der Philosoph Ernst Bloch: „Das ist hochbegabt, in nichts dilettantisch, voll Sprach- und kühner Blickkultur.“ 1960 wird Susanne Faschon zur zweiten Vorsitzenden im Schriftstellerverband Rheinland-Pfalz gewählt, dessen Vorstand sie mit kurzer Unterbrechung bis 1984 angehört.
Seit Ende der 50er-Jahre arbeitet sie als Chefsekretärin von Carl Maria Kiesel, dem im dritten Reich verfolgten und nach der Emigration heimgekehrten Direktor der Pfalzgalerie Kaiserslautern. Durch die Begegnung mit zahlreichen zeitgenössischen Künstlern, die intensive Beschäftigung mit der künstlerischen Moderne, wird die Zeit in der Pfalzgalerie (bis 1965) entscheidend für ihre weitere Entwicklung – in künstlerischer und privater Hinsicht.
1965 verlässt sie Kaiserslautern, wohnt dann in Mannheim, wo sie bei der Wissenschaftlichen Buchgemeinschaft, im Reiß-Museum und schließlich in der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek arbeitet.
1968 heiratet sie den 22 Jahre älteren C.M. Kiesel und zieht nach Bischofsheim bei Mainz. Sie wird Bibliothekarin und Sachbearbeiterin beim Südwestfunk in Mainz und bleibt dort bis zu ihrer Pensionierung 1984.
Durch Kiesels Tod 1971 verstummt ihr dichterisches Schaffen, bis sie 1973 ihren späteren dritten Mann, Hans Stirn, kennen lernt. Er wird Susannes „Medium“, wie sie es nannte, der, selbst in seiner Eigenschaft als Professor für Soziologie und Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Wiesbaden, als Autor von wissenschaftlichen Büchern und Artikeln mit seiner heiteren und positiven Lebenseinstellung den Anstoß gibt zu ihrer fruchtbarsten und vielseitigsten Schaffensperiode. Sie heiraten 1974 und wohnen in Hochheim am Main. 1978 wird Susanne Faschon mit dem Pfalzpreis für Literatur ausgezeichnet. Im gleichen Jahr entdecken die beiden ihr Ferienhäuschen in Jakobsweiler am Donnersberg. Hans Stirn wird die Hauptfigur im „Traum von Jakobsweiler. Geschichten vom Glück mit Johannes“, erschienen 1980.
Anfang der 80er-Jahre erkrankt Johannes an Krebs. Susanne gibt ihm alle Kraft und Hoffnung durch ihre Liebesgedichte. Die Liebe kann keine Krankheit heilen, aber die Ängste mildern und dem Partner zeigen, dass er der Geliebte bleibt und nicht zum Patienten verkommt. Die hochdeutsche Urfassung dieser Gedichte kann erst 1994 veröffentlicht werden in dem Frankfurter Verlag Brandes & Apsel.
Die in die pfälzische Mundart transferierten Texte, meist zeitgleich entstanden, bringt bereits 1988 die Pfälzische Verlagsanstalt Landau heraus, illustriert mit Zeichnungen von Karl Unverzagt. Dieses Buch mit dem Titel „Mei Gedicht is mei Wohret“ sensibilisiert in seiner behutsamen sinnlichen Sprache für dieses tragische Thema, das bislang in Mundartgedichten noch kaum angesprochen war.
1986 stirbt Johannes Stirn. Nun bewahrheitet sich die Zeile aus einem von Susannes Gedichten: „Die Kraft vum Gude lebt lang.“ Sie greift in ihre Lebenstrickkiste und intensiviert ihr Hobby vom Puppenstuben sammeln. Das Sichten und Restaurieren der gefundenen zusammengetragenen Raritäten, zusammen mit ihrer ebenfalls sammelwütigen Schwester, hilft ihr beim Bewältigen ihres Leides. Insgesamt zehn Ausstellungen hat sie ausgerichtet, darunter die Weihnachtsausstellung im Kreishaus Kirchheimbolanden 1987.
1993 erkrankt Susanne Faschon selbst an Darmkrebs. Man gibt ihr noch ein Jahr Lebenserwartung. Es werden zwei daraus, die sie intensiv nutzt, um ihre „wichtigste Ernte noch einzubringen“, wie sie es nennt. Es ist ihr vergönnt, noch drei Bücher zu veröffentlichen: Den o.a. Gedichtband „Sommers Ende“ 1994, „Altweiwersummer“, Mundartgedichte 1994, sowie „Prinzessin Maultasch“, mit autobiographischen Erzählungen. Zu ihrem 70. Geburtstag am 3. Mai 1995 gibt sie ein großes Fest für ihren großen Freundes- und Bekanntenkreis in Jakobsweiler. Sie möchte zu Lebzeiten ihre Lieben um sich versammelt sehen, nicht erst bei der Beerdigung.
Anfang Oktober desselben Jahres bricht sie zusammen und erliegt am 25. Oktober 1995 in einem Wiesbadener Krankenhaus ihrem Krebsleiden. Ihre letzte Ruhe findet sie neben ihrem geliebten Johannes auf dem idyllisch gelegenen Friedhof in Jakobsweiler.