„Vögel würden fliegen“ von Sinead Keller wurde bei den Donnersberger Literaturtagen 2009 mit dem 2. Platz ausgezeichnet. Hier ein Auszug aus dem Text:
Es ist ein nebliger Tag. Trotzdem fliegen die Vögel.
Vögel fliegen immer.
So lang sie möchten. So hoch sie möchten. Und so weit sie möchten.
Sie können weit; weit weg. Ein Vogel ist eben frei.
„Paul, komm her und iss‘ etwas.
Bald kommt Vater!“
Vögel haben keine Väter. Vögel sind frei.
„Du musst doch etwas essen, Kind.“
Vögel müssen nichts. Vögel sind frei.
Es ist egal, wann Vater kommt.
Es tut nichts zur Sache, ob man vorher was gegessen hat.
Ins Zimmer kommt er sowieso.
„Paul, nun sei doch nicht so.
Ich will dir doch helfen.“
Brauchen Vögel Hilfe?
Vögel sind frei, sie bedrückt nichts.
„Dann bleib‘ dort sitzen, an deinem Fenster.“
Die Mutter geht.
Der Vater kommt.
Es dauert nicht lange, bis die erste Vase klirrt.
Jetzt fängt es wieder an.
Man hört die Mutter weinen.
Der erste Teller geht zu Bruch.
Ein Vogel würde jetzt fliegen.
Aus dem Fenster hinaus, weit, weit weg.
Weg von dem Geschrei und den Scherben.
Und weg von Vater.
…
Wie es weitergeht, können Sie in unserer Anthologie „ZimmerLautStärke“ nachlesen …